Die Kreuzkirchengemeinde in Cottbus
Die Anfänge
Seit Anfang der 40er Jahre des 19. Jahrhunderts sammelten sich unter Leitung von Pastor Jan Kilian aus Weigersdorf (Oberlausitz) in Cottbus und den umliegenden Dörfern – bis hin nach Burg im Spreewald – Christen, die sich der vom König angeordneten Union zwischen Lutherischer und Reformierter Kirche widersetzten und eine eigene Gemeinde der Ev.-Luth. (altlutherischen) Kirche gründeten.
1844: Der erste Gottesdienstort der Altlutheraner in Cottbus: Ein Dachstübchen im Haus der Familie Tschentke im Stadtteil Brunschwig. Als in den folgenden Jahren Bauern aus Sielow und Döbbrick zur Gemeinde hinzukamen, wurde das Dachstübchen in Brunschwig schnell zu klein.
Da wurde den Altlutheranern von der evangelischen Gemeinde im Stadtteil Ostrow die Begräbniskapelle zur Nutzung angeboten. Jetzt betreute Pastor Gumlich aus Weigerdorf die Altlutheraner in Cottbus.
Im Juni 1857 wurde den Altlutheranern die Kapelle wieder genommen.
Erste eigene Gebäude in Döbbrick
Die zur Gemeinde gehörenden Bauern aus Sielow und Döbbrick entschlossen sich, das leerstehende Gasthaus mit Saal und Wohnhaus in Döbbrick zu kaufen und bauten den Saal zur Kirche aus. Diese Gemeindegruppe erhielt nun auch formal den Status einer Gemeinde der altlutherischen Kirche mit eigenem Pfarramt. Ab Herbst 1858 wurde Pastor Albert Ebert nach Döbbrick entsandt, der auch die Cottbuser Gemeindegruppe betreute.
Die Cottbuser Gemeinde weiter auf der Suche
Für die Cottbuser ergab sich eine Unterkunft im Hause der Familie Schulz aus Ostrow, die ihr Wohnzimmer für Gottesdienste zur Verfügung stellte. Das war nun der dritte Gottesdienstort für die Cottbuser Altlutheraner.
Die Gemeinde wuchs weiter, so dass auch dieser Raum wieder zu klein wurde.
Im Oktober 1870 wurde in Cottbus, Wallstraße 86 (heute Ebertstraße) der 4. Gottesdienstraum eingeweiht.
In seiner Einweihungspredigt zeichnete Pastor Fengler, der seit 1867 die Pfarrstelle inne hatte, noch einmal den Weg der Cottbuser Gemeinde nach.
„Je näher der Tag kam, den man der hiesigen Gemeinde als Termin ihres Auszuges aus dem alten Mietlokal bestimmt hatte, desto geringer ward die Aussicht, ein neues zu bekommen. Denn vor allem durfte es nicht teuer sein. Erstens ist die Cottbuser Gemeinde eine sehr kleine, zweitens gehören ihr keine reichen Leute an. Man dürfte sie sogar sehr arm nennen, diese Cottbuser Lutheraner. Sie wagten es, daran zu denken, dass ihnen eine von den unbenutzten kleinen Begräbniskirchen in den Vorstädten zum Gebrauch gestattet werde. Auch das mussten sie aufgeben. Da meinten sie in einer Anwandlung von Glaubensschwachheit, in ihrer Selbständigkeit als Gemeinde aufhören und sich an andere Gemeinden anschließen zu sollen. Da gab es niemanden, der ihnen sonderlichen Mut zum Gegenteil gemacht hätte.“ (Einweihungspredigt Kirchlokal 1870, S. 1)
Der Bau der Kreuzkirche im Stadtinneren von Cottbus
1878 schließlich fiel die Entscheidung für den Bau einer eigenen Kirche in Cottbus.
Die Gemeinde war zu dieser Zeit eigentlich viel zu arm und zu klein, um eine Kirche zu bauen, hatte aber eine Spendenzusage von 2000 Mark (entsprechen dem heutigen Wert von ca. 45.000 Euro), die an die Auflage gebunden war, dass im Jahr 1878 mit dem Bau einer eigenen Kirche begonnen werden musste. Diese Spende machte den Altlutheranern Mut und war der Grundstock für die Finanzierung eines Kirchbaus, der den anderen Stadtkirchen hinsichtlich Größe und Ausstattung entsprach.
Natürlich waren alle Glieder der Gemeinden aufgerufen, für den Kirchbau zu spenden. Darüber hinaus sammelte Pfarrer Fengler Geld für den Kirchbau in der Ev.-Luth. (altlutherischen) Kirche in Preußen, in den lutherischen Kirchen in Amerika, Australien, Russland, Skandinavien, den Niederlanden und Österreich.
(Die deutschsprachige amerikanische Zeitung „Der Pilger durch Welt und Kirche“, 9. Jg, No. 14 vom 6. April 1878 mit einer Spendenbitte liegt in den Cottbuser Akten.)
Am 10. Mai 1878 war Grundsteinlegung.
Im gleichen Jahr, am 13.09.1878 erhielt die Gemeinde Cottbus den Status einer eigenständigen Gemeinde der altlutherischen Kirche. 1 1/2 Jahre dauerte der Kirchbau. Ende des Jahres 1879 war die Einweihung der neuerbauten Kirche, die den Namen Kreuzkirche erhielt.
Das neue Pfarramt in der Karlstraße in Cottbus
Sielower Gemeindeglieder gingen nun größtenteils nach Cottbus zum Gottesdienst und gehörten seitdem zur Cottbuser Gemeinde. Später wurde auch der Sitz des Pfarramtes von Döbbrick nach Cottbus verlegt. Die Parochie Cottbus zählte damals 450 Seelen, die weit verstreut wohnten: Döbbrick, Sielow, Cottbus, Burg, Leipe, Lübben, Luckau, Spremberg, Muskau, Forst und Sornow. Anfang der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts wurde eine kleine Druckerei gebaut. Hier wurde das Sonntagsblatt „Gotthold“ gedruckt, dessen Herausgeber Pastor Fengler war. Auch andere Schriften und kleine Bücher wurden gedruckt und versandt.
In den 90er Jahren wurde eine weitere Gemeinde in Senftenberg gegründet, die der Parochie Cottbus zugeordnet wurde.
1904, zum 25. Kirchweihjubiläum wurde die Kirche innen neu gestaltet. Statt der durchgehenden Bänke, gab es nun einen Mittelgang. Die erste gebraucht erworbene Orgel war unbrauchbar geworden und musste ersetzt werden. Die neue Orgel wurde von der Orgelbauanstalt Heinrich Schlag aus Schweidnitz in Schlesien gebaut.
Während des 2. Weltkrieges
Ab dem Jahr 1935 amtierte Pastor Friedrich Seefeldt in der Cottbuser Parochie, der ab 1941 zum Kriegsdienst herangezogen wurde. Frau Seefeldt hielt in dieser Zeit die Gemeinde zusammen durch Unterricht und Bibelstunden. Im Februar 1945 verließ sie das Pfarrhaus und übergab die Schlüssel einer Nachbarin.
Kurz danach beschlagnahmte die Gestapo (Geheime Staatspolizei) die Wohnung und bezog in ihr Quartier.
In der Wohnung wurde nun ein Bild von Hitler angebracht und im Gästezimmer auf dem Boden und in der Kirche ein Geheimsender installiert. Dieses wurde nach dem Zusammenbruch für die Kirche fast zum Verhängnis. Die kommunistische Stadtverwaltung beschlagnahmte das Pfarrhaus, entdeckte den Sender und das Hitlerbild.
In der ersten Wut wollten sie die Kirche sprengen. Einem Vorsteher der Kreuzkirchengemeinde gelang es, den Sachverhalt aufzuklären, so dass die Katastrophe verhindert werden konnte. Trotzdem dauerte es 1 1/2 Jahre, bis die Gebäude wieder für die Gemeinde freigegeben wurden.
Die Zeit nach dem 2. Weltkrieg
Die Kirche war dennoch nicht benutzbar. Das ursprüngliche Schieferdach der Kirche
war vom Krieg und Plünderungen arg mitgenommen, zwei Granattreffer waren in die Südwand eingeschlagen, ein steinerner Jochbogen im Kirchenschiff zerstört, die 11 großen und die 14 kleinen Fenster herausgerissen. Nur das Orgelwerk, das Gestühl und der Altar waren unversehrt. Umsichtige Gemeindeglieder und Nachbarn hatten Abendmahls- und Taufgerät, Altarteppich und Altarbild, Bibel u.a. sichergestellt.
Die Reparaturen an der Kreuzkirche gingen nur mühsam voran, da Baumaterialien und Buntglas nur schwer zu bekommen waren. Am 15. Mai 1949 (Kantate) konnte die Kirche wieder genutzt werden. Man feierte an diesem Tag vorgezogen das 70jährige Kirchweihjubiläum.
Weil es an vielen Stellen durchregnete und der entstehende Schaden nicht mehr zu übersehen war, wurde in den 60er Jahren unter großen Mühen trotz erheblicher Behinderung durch die staatlichen Behörden das Dach neu eingedeckt.
1979: 100-jähriges Kirchweihjubiläum
Zum 100jährigen Kirchweihjubiläum wurde eine gründliche Renovierung durchgeführt. Altar, Kanzel und Taufstein wurden erneuert. Die Künstlerin Elly-Viola Nahmacher aus Greiz erhielt den Auftrag das Altarensemble zu gestalten.
Pfarrer Johannes Zellmer (später Kirchenrat), der von 1955 – 1992 die Gemeinde betreute, berichtet von der letzten Bauphase, die offensichtlich hektisch gewesen sein muss: „Es war schwierig, ein Montagegerüst zu bekommen; kurzfristig musste ein Treppenbauer gefunden werden, der die Treppen in einem 24- Stunden-Einsatz bis Samstag früh 6 Uhr vor der Kirchweihe einbaute. Kirche und Grundstück sahen am Samstag vor der Kirchweih noch katastrophal aus. Dennoch gelang es, bis Samstagabend alles kirchweihfähig vorzubereiten“!